Der internationale Frauentag, der jedes Jahr am 8. März gefeiert wird, macht auf die Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter aufmerksam. In zahlreichen Bereichen und an vielen Orten besteht noch ein immenser Handlungsbedarf. Doch es gibt auch schon viele Fortschritte und Errungenschaften. Eine wichtige Rolle spielen dabei natürlich auch die Arbeitswelt, Chancengleichheit und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Interview mit Geschäftsführerin Mirja Dorny über Frauen in Führungsrollen und Gleichberechtigung in der Immobilienwirtschaft:

Welche Funktion haben Sie bei der Baugesellschaft inne und wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?

Mirja Dorny (MD): Ich bin seit 2022 die Geschäftsführerin der BauGe. Und Führung spielt in dieser Funktion natürlich eine entscheidende Rolle. Ich könnte es nun kurz machen und mich einem angesagten Führungsstil zuordnen. Oder kurz googeln und vortragen, was eine moderne Führung ausmacht. Das würde meinen Stil aber nicht treffen. Deshalb erlauben Sie mir, dass ich etwas aushole: Es geht bei Führung um den Umgang mit unterschiedlichen Menschen in unterschiedlichen Situationen. Von meiner Grundüberzeugung bin ich demokratisch und partizipativ unterwegs. Ich unterstütze funktionsübergreifende Teamarbeit, halte Freiräume für wichtig, diskutiere auf Augenhöhe. Ich freue mich, wenn Mitarbeitende bestehende Strukturen hinterfragen, neue Ideen entwickeln und sich aktiv einbringen. Nun stellen wir uns aber folgende Situation vor: Ein Mitarbeiter leistet hervorragende Arbeit und erfüllt seine originäre Aufgabe zu 100 Prozent. Er fühlt sich aber unwohl bei Teamarbeiten, verliert sich in den von anderen geschätzten Freiräumen und benötigt klare Vorgaben als Orientierung. Nun wäre es doch fatal, diesen Mitarbeitenden einfach weiterhin – aus einer Grundüberzeugung heraus – demokratisch oder partizipativ zu führen. Es würde ihn unglücklich machen, seine Arbeitsleistung würde leiden. Kurzum: Ich habe viel Sympathien für demokratische und partizipative Führungsstile, halte daran aber nicht um jeden Preis fest, sondern agiere personen- und situationsabhängig.

Wie sieht der Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Immobilienwirtschaft aus?

MD: In Führungspositionen ist die Branche absolut männerdominiert. Dabei liegt der Anteil von Frauen in den Unternehmen meist bei mindestens 50 Prozent. Und die Frauen sind ja nicht schlechter qualifiziert als Männer. Dennoch gibt es nur wenige Frauen in Führungspositionen und noch weniger auf Vorstands- und Geschäftsführungsebene.

Woran liegt das?

MD: Das hat viele Gründe, deren Erörterung ein mehrstündiges Interview füllen würde. Einer der Gründe sind aber sicherlich die noch immer vorhandenen Vorurteile, die dann auch bei Beförderungen mindestens eine unterbewusste Rolle spielen. Nicht selten bin ich bei Fachtagungen die einzige oder eine der wenigen Frauen. Und ebenfalls nicht selten werde ich sowas gefragt ‚wessen Begleitung ich sei‘ und ‚wie mein Chef heißen würde‘. Ich nehme das eher mit Humor, aber es zeigt die noch vorhandenen Denkstrukturen. Ein weiterer Aspekt für zu wenig Frauen in Führungspositionen ist meines Erachtens aber auch die noch immer in vielen Bereichen fehlende oder zumindest nicht ausreichend mögliche Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Welchen Beitrag kann die Baugesellschaft dazu leisten?

MD: Einige Mitarbeitende nutzen bei uns das Modell „Teilzeit in Elternzeit“, teilweise sogar in mobiler Form. Das wird sehr geschätzt. Mehrere Mitarbeitende arbeiten in Teilzeit, darunter auch eine Führungskraft. Ich betone das, da eine Teilzeittätigkeit bei Führungskräften oft skeptisch gesehen wird. Ich halte das für unbegründet. Jedenfalls funktioniert das bei uns hervorragend. Es ist aber exemplarisch, dass alle Teilzeitkräfte ausschließlich Frauen sind. Und die meisten arbeiten deshalb in Teilzeit, damit sie noch Zeit für ihre Kinder haben.

Kurz nach dem Beginn meiner Tätigkeit bei der BauGe kam eine Mitarbeiterin zu mir und sagte zögerlich, sie hätte eine schlechte Nachricht. Ich war direkt besorgt. Sie sagte dann leise: „Ich bin schwanger.“ Das hörte sich an wie eine Entschuldigung. Ist das nicht verrückt? Eine Schwangerschaft ist ein purer Grund zu Freude. Angst, Gewissensbisse oder Sorgen um den Job bei einer Schwangerschaft müssen aus den Köpfen von Frauen raus. Dazu können und wollen wir als Arbeitgeberin auch beitragen.

Passend zum Thema haben wir ein paar interessante Fakten zusammengestellt:

Bei der Baugesellschaft Hanau sind 36 Frauen in der Verwaltung beschäftigt. Das entspricht einem Frauenanteil von 58 Prozent. Es gibt insgesamt fünf Führungspositionen, wovon vier, also 80 Prozent, von Kolleginnen besetzt sind. Zehn Kolleginnen arbeiten in Teilzeit.

Zählt man die Mini-Jobberinnen und Hauswartinnen dazu, sind 42 Frauen bei der Baugesellschaft angestellt, was einem Frauenanteil von insgesamt 51 Prozent entspricht.